Nachtwache vor sich. Zumindest ihre Kreislaufprobleme hatten sich nach der Abkühlung verbessert.Es war ein durchaus schöner Tag, das strahlende Blau des Himmels wurde nur durch vereinzelte langgezogene weiße Wolken durchbrochen. In der Wettervorhersage hatten sie Temperaturen bis 22 Grad gemeldet. Melanie schien bester Laune und dem Spiel richtig entgegenzufiebern. Ihren Erzählungen zufolge würde es ein enges Spiel werden, da Stade zwei Plätze über ihnen in der Tabelle rangierte. Erschwerend kam hinzu, dass ihre beste Distanzschützin, Jana, sich beim Training eine Oberschenkelzerrung zugezogen hatte.„Ich habe übrigens den Fotoapparat dabei", sagte ich nach einer kurzen Gesprächspause. Sie kicherte.„Wenn du glaubst, dass ich dich mit in die Umkleidekabine lasse, hast du dich geschnitten, du kleiner Spanner."„Quatsch. Ich werde versuchen, ein paar gute Bilder von dir beim Handball zu machen. Musst halt ordentlich Tore werfen, vorzugsweise in fotogenen Posen."„Na, dann muss ich mich ja wohl richtig anstrengen. Das wird nicht einfach. Ich hab einen leichten Schädel vom Wein gestern. Bestimmt von dem süßen Zeug, was wir zu Anfang hatten."„Den Restalkohol kannst du doch gleich ausschwitzen."„Jo. Wir können auch hinterher in Stade noch ein wenig spazieren gehen. Es gibt da schöne Ecken und auch das eine oder andere nette Restaurant. Ich lad dich ein."Ihre Zugänglichkeit und die Tatsache, dass sie sich über einen gemeinsamen Tag Gedanken gemacht hatte, machten mich unerklärlich ...
froh.„Was strahlst du denn so? Hast du an gestern Nacht gedacht?"Offensichtlich war diese Freude sichtbar.„Gar nicht mal. Obwohl das schon toll war. Nein, ich freue mich einfach, dass du Zeit mit mir verbringen willst."Ich machte schnell ein Foto von ihrem feinen Lächeln.„Was wird das jetzt?"„Dein Lächeln ... du bist so Gott verdammt schön."Sie strich sich unwillkürlich über ihr Haar.„Danke. Du bist heute ungewöhnlich charmant. Vielleicht hätte ich dir früher schon mal meine Muschi zeigen sollen ... scheint ja charakterbildende Effekte zu haben."„Meist aber ganz andere ..."„Ach was. Ist mir gar nicht aufgefallen. Muss ich beim nächsten Mal drauf achten."Beim nächsten Mal ... wie himmlisch das in diesem Moment klang. Ich dachte an unsere Küssereien. Sie warf mir einen kurzen Seitenblick zu.„Woran denkst du?"„An unseren Kuss gestern Nacht."„Im Ernst? Du wirst zum ersten Mal von einer Frau geblasen und denkst an den Kuss?"„Du wolltest doch, dass ich ehrlich bin."„Ja ... nur so kann es funktionieren ... wenn wir ehrlich sind. Lass uns nach dem Spiel nochmal reden, beim Spaziergang vielleicht."Wir unterhielten uns über andere Dinge, bis wir vor der Halle eintrafen. Ich blieb noch draußen, um eine rauchen zu gehen, während sie schon erste Mannschaftsmitglieder in dem Foyer der Halle begrüßte. Auch ihr Trainer stand schon dort, ein sechzigjähriger, glatzköpfiger und bierbäuchiger Vogel, der Melanies Erzählungen zufolge grausam hart, aber der beste Trainer war, den sie je hatte. Erst ...