unbedingt ne Stadtbesichtigung? Ansonsten könnten wir gleich zum Elbdeich zum Rumlaufen."Sie wollte doch, dass ich ehrlich war. Also war ich ehrlich.„Ich würde viel lieber irgendwo mit dir alleine sein."Sie biss sich nervös auf die Lippe und sah sich rasch um. Dann küsste sie mich kurz auf den Mund.„Später ... lass uns erst spazieren gehen und reden. Wir ... es geht mir aber genauso, damit du 's weißt", hauchte sie mir in mein Ohr und rieb ihr Gesicht an meinem. Mir wurde richtig schwummerig. Mein Herz pochte wie wild. Natürlich. Oh mein Gott. Wir waren dabei, uns zu verlieben. Alter Verwalter. Das hatte der Trainer mitbekommen, irgendwie. Ich war wahrscheinlich wieder der Letzte, der es merkte.„Was ist mit dir? Du siehst plötzlich geschockt aus?" fragte sie mich, als wir schon wieder im Auto saßen.„Mir ist gerade was klar geworden."„Und was, wenn ich fragen darf?"„Das ich in dich verliebt bin."Sie nahm den Fuß vom Gas und sah an mir vorbei auf die rechte Seite, bis sie einen Parkplatz erspähte und einparkte. Sie machte den Wagen aus und sah mich lange an.„Also gut, wir wollen ehrlich sein. Auch das geht mir ähnlich. Es ist total verrückt. Aber es fühlt sich völlig real an ... und wunderschön", sagte sie mit immer weicher werdender Stimme. Dann lagen wir uns in den Armen und küssten uns, klammerten uns aneinander wie Ertrinkende, ertranken trotzdem im Meer der Liebe und des Glücks.Wir verbrachten bestimmt eine halbe Stunde knutschend im Auto, bevor wir endlich weiterfuhren ...
und am Elbdeich parkten. Da die Wahrscheinlichkeit, hier auf bekannte Gesichter zu treffen, verschwindend gering war, gingen wir händchenhaltend spazieren, hielten immer wieder an, um uns zu umarmen und zu küssen. Es waren doch einige Spaziergänger unterwegs, was uns von weiterem abhielt, insbesondere als wir uns kurzzeitig an den breiten Fluss setzten und eng umschlungen den Schiffen nachsahen.Ich strich ihr zärtlich über ihr Haar.„Du bist so schön, es tut fast weh", gab ich meiner Bewunderung für sie Ausdruck.„Verliebt sein hat diesen Effekt auf die Optik", meinte sie eher prosaisch. Sie wurde plötzlich ernst und nachdenklich.„Dir ist schon klar, dass Geschwister nicht so füreinander fühlen sollten?"„Wir brauchen es ja nicht an die große Glocke zu hängen", gab ich zurück.„Darum geht es nicht. Viele halten es für unnatürlich, es ist sogar strafbar."Das hatte ich allerdings noch nicht gehört. „Warum das denn?"„Weil die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder aus solchen Beziehungen mit Gen-Defekten hervorgehen, vergleichsweise groß ist. So sagen es zumindest die Gegner."„Hm ... also, an Nachwuchs denke ich nun noch gar nicht."Sie seufzte.„Ich auch nicht, aber das ist halt der Grund ... und die Kirche natürlich."Wir waren beide nicht eben gläubig, unsere Mutter auch nicht, daher konnte uns das egal sein. Ich war über Melanies Hintergrundwissen etwas überrascht.„Woher weißt du das denn alles?"„Ich hab mich halt damit beschäftigt", gab sie leise zurück.„Wie jetzt, seitdem du gemerkt hast, ...