sich vorzugsweise abends in seinem Zimmer auf und starrte auf das Haus gegenüber. Langsam, aber unaufhaltsam schob sich von unten eine schnellwüchsige Pappel in sein Blickfeld. Anfangs nur die Spitze, an der er links und rechts vorbeisehen konnte, verdeckte der Baum mit seinen Blättern bald das gesamte Fenster. Da waren nur noch die erleuchteten Umrisse erkennbar und manchmal auch eine Bewegung im Raum dahinter. Es kam der Sommer, die Pappel wuchs weiter, und Mario sah die schöne Nachbarin nur noch in seiner überschäumenden Phantasie, wie sie sich splitterfasernackt zeigte. Nicht wenig trug dazu bei, dass sein Freund Konstantin, der im Haus nebenan wohnte, ihm berichtete, er habe das alte Baumhaus reaktiviert -- zu welchem Zweck ursprünglich, fragte er lieber nicht, da fielen Mario mehrere Möglichkeiten ein. Jedenfalls hatte Stan von diesem Beobachtungsposten freien Blick auf das besagte Zimmer. Und, wie er sagte, auf ‚Frau Punze-Scheidenglut', die dort täglich abends nackt ihre Yoga-Übungen absolvierte. „Mann, was habe ich gewichst!", erzählte Konstantin mit seligem Grinsen. Mario aber schaute durch die Finger, doch leider nicht durch das dichte Blattwerk. Wenn es ihm nicht peinlich gewesen wäre, hätte er seinen Freund ja bitten können, ihn mit auf den Ausguck zu nehmen. Doch leider hatte er dessen Bericht mit einem empörten „Du alte Sau!" kommentiert. Seither erzählte sein Freund nichts mehr, ja sie redeten nicht einmal mehr viel miteinander. Ob sie überhaupt noch richtige ...