nicht erwarten kann. Er winkte zum Abschied und hoffte, dass sein Lächeln nicht allzu aufgesetzt wirkte. Dann war sie weg. Er drehte auf dem Absatz um und hastete ins Auto. Viel zu schnell brauste er davon. Der Weg zurück kam ihm viel zu lang vor, aber wenigstens ersparte das Navi es ihm, sich auf der Suche nach Camillas Haus zu verfahren. Als er in ihre Straße einbog und das Gerät ihm noch etwas mehr als hundert Meter zum Ziel anzeigte, fuhr er rechts ran und schaltete den Wagen aus und zog sein Handy hervor. „Bin da", tippte er und schickte die Nachricht ab. Keine sechzig Sekunden später sah er Camilla, wie sie aus einiger Entfernung auf ihn zukam. Sie ging ganz langsam, lächelte aber den gesamten Weg über. Sie hatte sich schick gemacht. Ein starker Kontrast zu ihrem Aufzug vom Vormittag. Sie trug einen langen, weißen Rock, der aber so knapp unter ihren Brüsten ansetzte, dass er unten nur gerade so bis zur Mitte ihrer Oberschenkel reichte. Ein dunkles, grau-blaues Top steckte im Rock, das zwar sehr eng anlag, aber nur einen kleinen Rundhalsausschnitt hatte und somit kein Dekolleté offenbarte. Ihre Lippen schienen nicht geschminkt, dafür hatte sie ihre Augen dunkel bemalt, was sie noch größer wirken ließ. Auch trug sie Schmuck; eine schmale, goldene Kette mit einem einzelnen Stein und rautenförmige, ebenfalls goldene Anhänger an den Ohren. Ihre Nägel waren farblos lackiert und sie trug knöchelhoch geschnürte Sandalen, an ihrer Schulter baumelte eine große Handtasche. ...
Klackend öffnete sie die Tür und steckte ihren Kopf herein. „Guten Abend!", rief sie fröhlich grinsend. „Hallo", erwiderte er nur, grinste aber zurück. Sie ließ sich auf den Beifahrersitz plumpsen und schnallte sich an, während Herr Linden langsam anfuhr. Er lenkte zurück auf die Hauptstraße, kurvte elegant um einen an der Seite parkenden Kleinlaster und gab Gas. „Wie geht's dir?", startete Camilla den Smalltalk. Herr Linden runzelte die Stirn. „Ähm... jetzt doch ‚Du'? Ich dachte du hättest dich dagegen entschieden?" „Jaa, in der Schule. Aber außerhalb der Schule gefällt mir ‚Julian' glaube ich doch besser." „Naja, wie du meinst. Also mir geht's gut jedenfalls. Und selbst?" Camilla begann von ihrem Tag zu erzählen, plauderte ein wenig von der Schule und von ihrer Familie, und sorgte wieder einmal dafür, dass Julian sich wohl fühlte. So schien sie kaum ins Auto gestiegen zu sein, als er es auch schon in die kleine Einfahrt der Garage vor seinem Haus fuhr. Er zog die Handbremse, drehte den Schlüssel im Schloss und mit einem kurzen Stottern erstarb der Motor. Stille. Nur das Zwitschern der Vögel und das ferne Rumoren eines Rasenmähers drangen dumpf durch die Karosserie des Impalas zu ihnen. Sie Blickte ihn an. Lächelte. Er lächelte zurück. „Julian...?" „Ja?" „Ich... bevor wir das tun, will ich dich auch noch was fragen." „Okay... was denn?" „Du hast mich heute gefragt warum ich das mache. Das alles. Und dann habe ich angefangen mich zu fragen... warum machst du es? Du hast doch eine ...