einmal aus der Welt schaffen konnte. "Ist dein Bruder jetzt eigentlich mit dieser Kati zusammen? Die ist auf den Fotos immer bei ihm!", hatte auch Jonas festgestellt. "So weit ich weiß, sind sie nicht zusammen", hatte Leonie ihm geantwortet. So weit sie wusste?! Sie hatte sich doch fest vorgenommen, ihrem Bruder zu vertrauen... "Gut, dann hab ich ja noch Chancen", hatte Jonas gegrinst. "Ja, auf jeden Fall, ran da!", hatte sie ihn motiviert. Blöd war nur, dass sie nicht wusste, wie ernst er das gemeint hatte. Aber wenn er wirklich auf Kati stand, konnte das die Lösung sein. Jonas würde sie vergessen und zwischen Kati und Flo würde nicht doch irgendwann einmal mehr laufen. Vorausgesetzt, Leonie konnte sich auf den Gedanken einlassen, dass Kati gut genug für Jonas und doch keine blöde Ziege war. Diese Idee hatte sie den ganzen Tag über eher beschäftigt als der Schulunterricht und spukte ihr immer noch durch den Kopf, als sie durch das Schultor ins Wochenende schritt. Bis ein Anblick auf der anderen Straßenseite sie aus ihren Gedankenspielen riss. Dort stand ein ihr bestens bekannter, schwarzhaariger Junge, der ihr freudig zuwinkte. "Flo!", rief sie mit strahlenden Augen und lief über die Straße, ohne sich umzusehen. Zum Glück kam kein Auto. "Hi", lachte er warm, als sie ihm um den Hals fiel. Die Geschwister hielten sich ganz fest in den Armen. "Ohmeingottichhabdichsovermisst", plapperte Leonie ohne Punkt und Komma drauf los. "Schhhh...", bremste er sie. "Ich hab dich auch ...
vermisst. Aber jetzt bin ich ja wieder da!" Sie verstummten und gaben sich dem Gefühl hin, sich wieder gegenseitig zu spüren, den vertrauten Duft des anderen wahrzunehmen und endlich wieder beieinander zu sein. Erst jetzt wurde Leonie so richtig bewusst, dass sie ihren Liebsten zurück hatte. Auf einmal brachen alle Dämme: Ihr kamen die Tränen und sie weinte bitterlich. "Hey, was ist denn los, Maus?", sorgte ihr Bruder sich um sie. Die Fassung zu bewahren, fiel ihr weiterhin schwer, dann aber brachte sie doch schluchzend heraus: "Nichts... gar nichts... Das sind Freudentränen!" "Ooooh", entwich es Flo mitfühlend, er drückte seine süße Schwester noch fester und tätschelte ihr trostspendend den Rücken. Ein paar Minuten später hatte Leonie sich wieder gefangen. Die Geschwister gingen ein Eis essen, bei dem Flo von Prag erzählte und Leonie von ihrer Versöhnung mit Jonas. Das nahm Flo zum Anlass, ihr sein Verhältnis zu Kati haarklein zu erklären, woraufhin sie ihrem Bruder endgültig verzieh. Die Gedankenspiele über Jonas und Kati behielt sie trotzdem zunächst für sich. Zu Hause verbrachten sie den Nachmittag mit ihren Eltern bei Kaffee und Kuchen, danach packte Flo seine Sachen aus, bevor schließlich das Abendessen anstand. Anschließend kehrte endlich etwas Ruhe ein und die Geschwister zogen sich in Leonies Zimmer zurück. Ihr eigenes Bett hatte sie seit Flos Abreise nicht mehr genutzt. Aneinander zugewandt lagen sie auf der Seite und sahen sich lange einfach nur glücklich in die Augen. ...