1. Die Nachbarin


    Datum: 16.10.2017, Kategorien: 1 auf 1, Autor: testsiegerin

    überrascht, dass das Zeug so dermaßen auf seiner Zunge prickelt. "Tabu?" Sie rührt weiter, schmeckt dann ab. "Ach, schon gut. Chatten Sie?" "Ab und zu", antwortet er ausweichend, "kommt schon vor. Ist 'Tabu' dort ein Codewort für irgendwas?" Sie dreht sich um und wischt ihre Hände an der Schürze ab. "Nein, eher ein viel zu oft benutztes Wort, wenn Sie mich fragen. Hunger?" Der Esstisch im Wohnzimmer ist liebevoll gedeckt. Die Servietten kunstvoll zu Schwänen gefaltet, in den eckigen Glasvasen orangefarbene Tulpen, auf dem naturweißen Leinentischtuch kunstvoll drapierte Gräser, brennende Kerzen im gleichen Farbton wie die Tulpen. "Schön haben Sie das gemacht", sagt er. * Sie lächelt, denn sie kann zwar kochen, doch wenn es ums Dekorieren geht, hat sie zwei linke Hände. Deshalb hat sie vorher panisch ihre Schwester angerufen, die eine Stunde später mit einer Tasche Utensilien, den Blumen und einer gehörigen Portion Neugierde aufgetaucht ist. "Du hast ein Date mit dem Nachbarn? Mit dem attraktiven Typen von gegenüber, der dir auf die Beine starrt, seit du dort eingezogen bist? Dein erstes Date seit einem Jahr, oder? Und? Wirst du mit ihm schlafen?" Nein, denkt sie, als sie die Weinflasche öffnet, werde ich nicht. So einfach mache ich es ihm nicht. Obwohl sie ziemlich ausgehungert ist, denn ihr letztes Date ist ein Jahr her, ihr letzter Sex mit jemand anderem als sich selbst doppelt so lang. "Für mich bitte keinen Wein. Sie können gern welchen trinken, Sie wohnen ja hier, aber ...
     ich muss noch heimfahren." Sie mag Männer mit Humor. "Sie haben Recht, ich möchte nicht verantworten, dass Sie nach dem Stau auch noch in eine Verkehrskontrolle geraten." Sie beißt sich auf die Unterlippe und verschluckt die Metapher mit dem unkontrollierten Verkehr. "Wie haben Sie das vorher mit dem Tabu gemeint?" Er beißt nicht auf die Lippe, sondern in das Steak. "Ach, alle Welt im Erotikchat bezeichnet sich selbst als tabulos, offen und hemmungslos. Die dürften sich allerdings in ihren Wohnungen einschließen und vor der Öffentlichkeit verstecken. Denn wenn ich auf die Straße gehe, blicken mich nur griesgrämige, verschlossene und gehemmte Menschen an." "Was treibt eine Frau wie Sie eigentlich in den Erotikchat?" "Das frag ich mich manchmal auch. Prost." Sie hebt ihr Glas. "Auf eine gute Nachbarschaft, Max. Und auf einen schönen Abend. Das vorhin war übrigens nicht Absicht. Also der fehlende Rock. Nur damit Sie's wissen. Ich wollt ihn nur nicht anpatzen." Sie nestelt am Serviettenschwan herum. "Ich bin grad ziemlich aufgeregt und ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das passiert mir selten." "Was macht Sie aufgeregt? Das Fleisch ist jedenfalls auf den Punkt gebraten." Er drückt mit dem Zeigefinger erst auf das Steak, danach auf seine Nase. Das hat er in einer der zahlreichen Kochshows gesehen. "Perfekt. Und Ihres, soweit ich das erkennen kann, auch." Sie lacht laut. "Mein Fleisch ist also auf den Punkt gebraten?" Sie zieht den ohnehin kurzen Rock noch ein Stückchen höher. ...
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