verlernt man nicht.«* Er fühlte mit der Hand die Spannung der Kette. Die See ging in Nähe der Landzunge ruhiger, jedoch war dort die Strömung stark. Der Anker lag fest am Grund und hielt das Boot auf der Stelle. Vanessa stieg in die Kajüte. »Hunger, Yannick?«, rief sie herauf. »Ja.« »Gibt nur kalte Küche«, meinte sie, als er an der Lukentür auftauchte. »Komm runter. Der Tee ist noch heiß.« Sie öffnete die Thermoskanne und goss Tee in zwei große Tassen. »Der Wind ist doch recht kühl am Vormittag«, meinte er. »Ja, aber jetzt in der Sonne, ist es warm genug.« Vanessa reichte ihm eine Tasse, schob ihre Sonnenbrille an die Stirn, zog ihre Segeljacke aus und warf sie auf eine Koje. Sie tranken einen Schluck Tee. »Ah, das tut gut, schön heiß«, meinte sie genießerisch. »Gefällt dir der Turn, Vanessa?« Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. »Ja, sehr. War eine gute Idee, Yannick.« »Schmeckt salzig.« Sie stellte ihre Tasse ab, leckte sich die Lippen, legte eine Hand an seine Wange, und drückte ihm einen festen Kuss auf. »Immer noch? ... magst du ein belegtes Brötchen?« Sie drehte sich dem Tisch zu und öffnete die Kühlbox. Yannick setzte sich und schaute sie innerlich aufgescheucht an. »Hier, extra für dich, eines mit Lachs.« Vanessa setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. Sie beäugte ihn, schnupfte mit der Nase und leckte sich Remoulade aus einem Mundwinkel. Yannick lächelte in sich hinein. Wir ankerten oft hier, erinnerte er sich, aßen zu Mittag, lagen auf Deck in der ...
Sonne, vertrieben uns mit Lesen oder Musikhören die Zeit. Vater ließ manchmal zur Übung das aufblasbare Dingi zu Wasser. An einer langen Leine mit dem Boot verzurrt, saßen wir darin und ließen uns in Rettungswesten gezwängt, wie Schiffbrüchige auf dem Meer treiben, was Mutter nie so recht gefiel. Oder wir ließen uns abtreiben, zogen uns dann an der Leine zum Boot, spielten Entern und stritten uns, wer der Piratenkapitän sein und das Kommando führen durfte. Abends fielen wir zwei total k. o. in die Kojen. »Ist irgendwie komisch«, holte Vanessa ihn aus seinen Gedanken. »Was?« »Dass wir beide hier ganz allein sind, Yannick. Nur wir zwei. So vom Gefühl her. Findest du nicht?« »Was ist daran für dich komisch?« »Wir beide wieder in der Piratenbucht, mit unserem Schiff im Orkan gestrandet und in unserer ärmlichen Hütte aus Palmwedeln auf einer einsamen Insel wieder beisammen, so kameradschaftlich vereint im Kampf gegen die Kannibalen«, meinte sie und biss in ihr Brötchen. Yannick schaute vergnügt. »Ja, ist verdammt lange her. Das war eine schöne unbeschwerte Zeit. War spannend mit uns. Eine geile Zeit.« »Geht mir auch so«, meinte sie salopp. Sie aßen schweigend, schauten sich neugierig an. »Hätte nie gedacht«, hob Vanessa mit neutraler Stimme an, während sie auf einem Bissen kaute, »dass wir beide so viele Jahre später ... genau an dieser Stelle ankern werden ... um miteinander zu ficken.« Yannick, der seine Tasse ansetzte, um einen Schluck Tee zu trinken, hielt in seiner Bewegung inne, ...