Gesellschaftsordnung, hieß es. Sozial. Politisch. Zwar nur nebelhafte Vorstellungen von dem wie. Aber sehr viel Glaube und Hoffnung, dass Ketten sich sprengen ließen. Eine davon die Monogamie. Weshalb sie es frei und ungebunden taten, ohne Scheu vor-und miteinander. Um einem natürlichen Bedürfnis abzuhelfen und zum gelegentlichen Vergnügen. Keine Folgerungen, weil die Partnerin reihum ging. Kein Eifern, keine Nachrede. Vorbei, wenn man den Spaß gehabt hatte. So lebten sie, überzeugt, einer Mission zu dienen. Liebenswert naiv und anspruchslos. Geld? Natürlich brauchte man es noch zum Leben. Aber irgendwie kam es herein. Meistens durch Gelegenheitsjobs. Von den betuchten Bürgereltern wollten sie sich allesamt nicht aushalten lassen. War völlige Ebbe in der Kasse, gab es da ein paar Straßen weiter noch den alten Lüstling. Der dafür zahlte, dass die blutjunge Maid sich vor ihm auszog, sich massierte und im Höhepunkt seiner gierigen Zunge die Schenkel weit öffnete. Na und? sagte ich, als sie es mir erzählte. Fand mich beschämt. War ich denn besser, wenn ich, Onkel Hugos Geschäft im Auge, mit einem Kunden schlief? Bei ihr zählte wenigstens die Gemeinschaft, für die man etwas tat. Eine Zeitlang war ich von alledem sehr angetan. Jedoch für Dauer - die bequemere Bahn, auf der ich unter Onkel Hugos Führung weniger entsagungsvoll dahin schlitterte, hatte mich bald wieder... Wenn ich indessen jetzt, Jahre danach, darüber nachdachte - Óliver, dieser Junge da unten, der wider Willen ...
mein Stiefsohn sein sollte, war im Grunde auch den Jungs aus der Hütte ähnlich. Verachtung für das Bestehende, Beständige, Gesicherte Zukunft? Hohnvolles Grinsen. Man wollte sie anders. Aberglaube rückständiger Väter, dass alles so weiter ging. Die Sicherheit ergab sich von selbst, im Kollektiv. Oder dem, was sich die jungen Hirne darunter vorstellten. Ohne die väterliche Knute und das Internat hätte er wohl auch lieber mit anderen in einer Hütte gehaust, als in diesem Luxusbungalow! Und ich? Wie oft hatte ich mich mit ihm unterhalten, ketzerisch diskutiert wie damals. Aus reinem Spaß, unter dem uneingestanden die alte Sehnsucht schwelte. Aber eben nur aus Spaß. Während er es Miguel nahm! Mich seiner Generation zurechnete. Die allen Tabus den Kampf ansagte! So dass er sich von mir enttäuscht fühlte. Weil er doch wusste, dass ich mich seinem Vater verkauft hatte. Mich dennoch versagte. Dieser im Grunde belanglosen Lustbarkeit, den Schwingungen zwischen zwei Sympathisanten nachzugeben, sobald die Flämmchen aufsprangen. Flämmchen, die bei uns schon allzu lange züngelten aus einer von mir leichtfertig geschürten und doch jedes Mal wieder gewaltsam niedergehaltenen Glut. Worein er sich geschickt hatte. Ins scheinbar Unerreichbare. Bis nunmehr die Sache mit Miguel passierte. Bei der sich erwies, dass ich durchaus nicht tabu war - sofern Vorteile winkten. Weshalb nicht einzusehen war, warum nicht auch er mit seinem gefährlichen Wissen. Wenn nicht anders, dann gleich dort, auf der ...